News | Allgemein

bhp Blog: Information zur Gesetzesänderung zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Einschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie hat der Gesetzgeber am 17. und 18. Dezember 2020 zwei weitere Bestimmungen zum gewerblichen Mietrecht verabschiedet, um eine Entlastung für Gewerbemietern zu erzielen. Hierdurch soll eine Grundlage für Verhandlungsgespräche zwischen den Vertragsparteien geschaffen werden.

Gemäß des nunmehr neu in Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) eingefügten § 7 soll nunmehr Folgendes gelten:

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anwendbar.

 

Folge dieser gesetzlichen Neuregelung

Demnach wird nunmehr – widerlegbar – vermutet, dass eine eingeschränkte Nutzbarkeit der Mietsache aufgrund behördlich angeordneten Schließungen in Einzelhandel, Hotellerie, Gastronomie sowie weiterer Branchen eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellt. Die vorstehende Gesetzänderung hat jedoch als solche noch keinen automatischen Anspruch des Mieters auf Vertragsanpassung zur Folge. Denn im Hinblick auf die übrigen Voraussetzungen des § 313 BGB bleibt der Mieter weiterhin darlegungs- und beweisbelastet. Der Mieter hat demnach darzulegen, dass die Vertragsparteien den Vertrag nicht oder nur mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Des Weiteren muss die Störung für den Mieter ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machen. In diesem Zusammenhang ist die zwischen den Parteien getroffene Risikoverteilung eines der entscheidenden Abwägungskriterien. Aus Sicht des Mieters genügt es daher nicht im Einzelfall die entstandenen Umsatzeinbußen darzustellen, da auch sonstige Gegebenheiten, wie bspw. erhaltene oder beanspruchbare öffentliche Zuschüsse oder ersparte Aufwendungen in Folge von Kurzarbeit oder dem Wegfall/der Reduzierung von Wareneinkäufen, zu berücksichtigen sind.

Im Ergebnis wird die Beurteilung des Sachverhalts jeweils zu einer konkreten Prüfung des Einzelfalls führen, ob dem Mieter ein Festhalten am Vertrag in der bisherigen Form noch zugemutet werden kann oder ob eine Anpassung der Vertragsmodalitäten erforderlich ist. Hier sind derzeit noch viele Fragen offen, wie z.B. ob die Anpassung nur die Miete betrifft oder ob auch die Laufzeit betroffen sein kann dergestalt, dass für jeden reduzierten Monat sich das Mietverhältnis entsprechend verlängert, ob den Interessen des Mieters durch eine Änderung des Nutzungszwecks ausreichend Rechnung getragen werden kann oder ob eine Genehmigung der Untervermietung ausreichend ist. Hier dürfte es auch eine Rolle spielen, inwieweit der Vermieter durch die Anpassung des Mietvertrags seinerseits Pflichten gegenüber seinen Vertragspartnern wie finanzierenden Kreditinstituten verletzt. Nur wenn eine Anpassung des Mietvertrags nicht möglich ist, z. B. weil keine Variante beiden Parteien zumutbar ist, kann auch eine Kündigung des Vertragsverhältnisses in Betracht kommen.

Für die Beantwortung dieser Fragen ist auch zu berücksichtigen, ob es wirksame vertragliche Sonderregelungen zur Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien (bspw. Karenzfristen für Kündigungs- oder Minderungsansprüche, Klauseln zu Fällen höherer Gewalt sowie zur COVID-19-Pandemie) gibt, denn diese bleiben auch nach der Gesetzesänderung weiterhin vorrangig. Es ist deshalb insbesondere beim Neuabschluss von Mietverträgen oder beim Abschluss von Nachträgen aus Vermietersicht dringend zu empfehlen, eine entsprechende COVID-19-Klausel in den Mietvertrag aufzunehmen.

Beschleunigung von Zahlungsklagen nach Mietkürzungen:
Der Gesetzgeber hat in § 44 Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) ein Beschleunigungsgebot für Klagen im Zusammenhang mit Mietkürzungen statuiert, wonach innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift ein erster Verhandlungstermin anzusetzen ist.

 

Inkrafttreten der Gesetzesänderung

Diese Gesetzesänderung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die Verkündung steht derzeit noch aus. Es ist allerdings davon auszugehen, dass das Gesetz noch in diesem Jahr verkündet wird, so dass es ab Januar 2021 in Kraft treten dürfte. Vor diesem Hintergrund ist zu damit zu rechnen, dass Gewerbemieter spätestens ab Januar 2021 versuchen werden die vorstehende Gesetzesänderung zum Anlass dafür nehmen werden die Mieten erheblich zu mindern bzw. die Mietzahlungen einzustellen. Der Mieter trägt dabei das nicht unerhebliche Risiko, dass er zu viel mindert und damit eine fristlose Kündigung des Vermieters riskiert.

Sollten sich diesbezüglich Rückfragen stellen, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung und unterstützen Sie natürlich auch gerne bei den Verhandlungen mit den Mietern oder – sofern erforderlich – mit Darlehensgebern und dem Abschluss schriftformkonformer Nachträge.

 

Autoren: Harald Flöter | Patrick A. Weis | Katharina Amey

Kontakt
Kristina Rentsch (Marketing/PR)
M kristina.rentsch@bhp-anwaelte.de